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Häusliche Pflege organisieren

Erstellt am 07.09.2023 | Jennifer Albrecht
Geschätzte Lesedauer: 4 Minuten

Die meisten Pflegebedürftigen werden in Deutschland Zuhause betreut – oftmals allein durch Angehörige bzw. mit Unterstützung ambulanter Pflegedienste. Diese Form der Pflege erfordert insbesondere von pflegenden Angehörigen einen erheblichen organisatorischen Aufwand, insbesondere kurz nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit. Wir geben Ihnen Rat, um die Organisation der Pflege bestens zu meistern.

Ein Seniorenpaar in ihrem Wohnzimmer: die Frau sitzt in einem Rollstuhl, der Mann sitzt leicht hinter ihr auf einem Hocker und umfasst sie liebevoll. Sie lächeln einander an.
Foto von Ridofranz auf istockphoto.com

Im Jahr 2019 gab es in Deutschland etwa 4,1 Millionen pflegebedürftiger Menschen, von denen dreiviertel Zuhause betreut wurden. Dies geschieht in der Regel allein durch Angehörige oder zusammen mit bzw. nur durch einen ambulanten Pflegedienst. Diese Form der Pflege ermöglicht es, Menschen, die pflegebedürftig geworden sind, in ihrer vertrauten Umgebung zu bleiben. Gleichzeitig stellt sie Angehörige aber vor eine besondere organisatorische Herausforderung.

Damit Sie diese Herausforderung meistern, geben wir Ihnen Tipps, wie Sie die Pflege organisieren können. Die folgenden Schritte müssen nicht zwingend nacheinander, sondern können auch parallel erfolgen.

Schritt 1: Pflegeleistungen beantragen

Wird ein Angehöriger pflegebedürftig, sollten Sie im ersten Schritt einen Pflegegrad bei der zuständigen Pflegekasse beantragen. Damit stellen Sie sicher, dass Sie die so wichtigen Leistungen erhalten, die Sie für die Pflege benötigen werden. Die Antragstellung kann formlos schriftlich oder auch telefonisch erfolgen – viele Pflegekassen stellen zusätzlich in Servicepunkten vor Ort oder auch online fertige Anträge zur Verfügung, die Sie ausfüllen können.

Befindet sich Ihr Angehöriger noch in stationärer Behandlung in einer Klinik, hilft Ihnen der ansässige Sozialdienst häufig weiter. Ansonsten kann Sie auch der Hausarzt Ihres Angehörigen bei diesem Schritt unterstützen.

Ist Ihr Angehöriger privat pflegeversichert oder hat er eine private Zusatzversicherung muss auch diese möglichst sofort informiert werden.

Wichtig: Die Leistungen der Pflegekasse stehen Ihnen und Ihrem Angehörigen ab dem Tag der Antragstellung rückwirkend zu. Daher ist es wichtig, dass Sie diese Formalität möglichst schnell in Angriff nehmen.

Schritt 2: Suchen Sie sich Unterstützung

In Deutschland gibt es ein Netz aus ca. 550 Pflegestützpunkten bzw. Pflegeberatungsstellen, die Ihnen im Pflegefall mit Rat und Tat zur Seite stehen können. Die beschäftigten Pflegeberater sind in allen Themen bezüglich Pflege geschult und können Ihnen dabei helfen, die richtige Pflegeform zu finden, die Pflege zu organisieren und die Formalitäten mit der Pflegekasse zu meistern.

Über die Datenbank-Suche des Zentrums für Qualität in der Pflege können Sie deutschlandweit mit Hilfe Ihrer PLZ nach einer Beratungsstelle in Ihrer Nähe suchen: Hier geht’s zur Suche.

Finden Sie keinen Pflegestützpunkt in erreichbarer Entfernung, können Sie sich auch an das bundesweite Pflegetelefon der Bundesregierung wenden. Die Nummer 030 201 791 31 ist montags bis donnerstags von 9:00 bis 18:00 Uhr erreichbar.

Schritt 3: Gutachter-Termin vorbereiten

Nachdem Sie Pflegeleistungen beantragt haben, wird ein Termin mit einem Gutachter des Medizinischen Dienstes (MD) vereinbart, der die Pflegesituation vor Ort in Augenschein nimmt. Die Entscheidung des Gutachters ist maßgeblich für die Höhe des Pflegegrades und damit auch die Höhe der Leistungen, die Ihr Angehöriger erhält; es ist daher sehr wichtig, dass Sie den Termin gut vorbereiten.

Folgende Unterlagen sollten Sie für den Termin bereithalten:

  • ein Pflegetagebuch, das Sie über mehrere Tage bzw. Wochen geführt haben (In unserem Artikel "Das Pflegetagebuch" informieren wir ausführlich über die Vorzüge und die Handhabe eines Pflegetagebuchs.),

  • Gutachten und Berichte von allen behandelnden Ärzten,

  • den Medikationsplan,

  • eine Liste mit allen benötigten/empfohlenen Hilfsmitteln,

  • eine Liste mit Namen, Adressen und Telefonnummer aller behandelnden Ärzte & Therapeuten.

Bestreiten Sie den Termin nicht allein – holen Sie einen weiteren Angehörigen dazu, der ebenfalls an der Pflege beteiligt ist, oder bspw. eine Pflegekraft des gewählten Pflegedienstes.


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Schritt 4: Mit Pflegekursen weiterbilden

Auch wenn Sie planen, die Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst oder eine 24h-Pflegekraft durchführen zu lassen, sollten Sie sich ein Grundwissen zur Pflege aneignen. Über die Krankenkasse können Sie an einem kostenlosen Pflegekurs teilnehmen, in dem Sie beispielsweise lernen, Ihren Angehörigen richtig zu tragen bzw. zu heben oder wie die Körperhygiene am besten vonstattengeht.

Neben Wissen vermitteln Pflegekurse auch Kontakte: Sie lernen andere pflegende Angehörige kennen, können sich austauschen und Kontakte knüpfen.

Schritt 5: Team zusammenstellen

Egal, ob die Pflege nur durch Angehörige, in Zusammenarbeit mit einem Pflegedienst oder durch eine 24h-Pflegekraft erfolgen soll, sollten Sie sich ein verlässliches Team zusammenstellen. Ziehen Sie weitere Angehörige zu Rate und verteilen Sie Aufgaben an Angehörige, die vor Ort helfen können.

Vergleichen Sie Pflegedienste bzw. laden Sie mehrere potentielle Pflegekräfte zu einem Vorstellungstermin ein. Pflegesituationen dauern in der Regel mehrere Jahre an – Sie müssen sich also auf Ihre Hilfskräfte verlassen können. Vergleichen Sie Angebote und Leistungen und beziehen Sie auch Ihren pflegebedürftigen Angehörigen mit in die Entscheidung ein.

Schritt 6: Pflege und Beruf vereinbaren

Tritt ein Pflegefall auf und es ist absehbar, dass dies Auswirkungen auf Ihr Berufsleben haben wird, sollten Sie immer auch Ihren Arbeitgeber informieren und mit diesem das weitere Vorgehen besprechen. Arbeitnehmer haben in akuten Situationen die Möglichkeit, sich kurzfristig bis zu zehn Arbeitstage freistellen zu lassen, die so genannte „kurzzeitige Arbeitsverhinderung“. Diese Zeit dient dazu, die Versorgung Ihres Angehörigen sicherzustellen.

Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit der

  • Pflegezeit: Sie können bis zu sechs Monate lange ganz oder teilweise aus Ihrem Beruf aussteigen, um die Pflege zu Hause zu organisieren.

  • Familienpflegezeit: Für eine Dauer von zwei Jahren können Sie teilweise aus Ihrem Beruf austreten, um Ihren Angehörigen zu pflegen. Die Mindestarbeitszeit beträgt hier 15 Wochenstunden.

Zuletzt geändert am 23.02.2024

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