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FAHRHILFE

Rollstühle – mobil durch den Alltag

Erstellt am 07.09.2023 | Joanna Gründel
Geschätzte Lesedauer: 7 Minuten

Rollstühle erleichtern gehbehinderten Menschen die Fortbewegung und geben ihnen mehr Unabhängigkeit. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen für unterschiedliche Bedürfnisse, Körpermaße und auch Vorlieben.

Nahaufnahme von Hand einer Person im Rollstuhl sitzend. Die Hand liegt auf dem Rollstuhlrad auf.
Bild von Sabine GENET auf Pixabay

In Deutschland gibt es schätzungsweise 1,5 Millionen Rollstuhlfahrer, entsprechend vielfältig sind ihre Bedürfnisse und entsprechend groß ist das Angebot an unterschiedlichen Rollstühlen. Ein Rollstuhl ist ein Pflegehilfsmittel für Menschen, die aufgrund einer körperlichen Behinderung vorübergehend oder dauerhaft auf Unterstützung beim Gehen angewiesen sind. Er wird auch als Krankenfahrstuhl bezeichnet und gilt als Mobilitätshilfe und nicht als Therapiegerät.

Welcher Rollstuhl ist der richtige für mich?

Ein Rollstuhl sollte bequem sein und Ihren Bedürfnissen entsprechen. Es gibt verschiedene Ausführungen und Modelle, die sich vor allem darin unterscheiden, wo und wie sie eingesetzt werden. Überlegen Sie daher, wo Sie den Rollstuhl am häufigsten benutzen werden - benötigen Sie ein Gerät, mit dem Sie sich auf der Straße fortbewegen, oder ein Gerät, das Sie auch in der Wohnung benutzen können? Ein Sanitätshaus oder der Berater Ihrer Pflegekasse kann Ihnen bei der Entscheidung helfen.

Wichtig sind auch Ihre Körpergröße und Ihr Gewicht. Daraus ergeben sich die Sitzbreite und -tiefe, die Höhe der Rückenlehne und die Sitzhöhe. Sie sollten bequem und sicher sitzen können, ohne eingeengt zu werden oder im Sitz hin und her zu rutschen. Die Rückenlehne sollte unterhalb der Schulterblätter enden, damit sie zwar gestützt werden, aber noch genügend Bewegungsfreiheit haben, um die Räder zu bedienen, wenn Sie diese noch selbst bedienen können. Rollstühle für den Innenbereich sollten es ermöglichen, die Füße bequem auf den Fußstützen abzustellen, aber auch mit den Fußsohlen den Boden zu erreichen, um sich mit den Füßen fortzubewegen. Dies ist in der Wohnung oft bequemer und verringert die Gefahr, sich die Hände zwischen Rad und Türrahmen einzuklemmen. Weitere Kriterien auf die Sie achten sollten sind:

Sicherheit

Besonders wichtig ist, dass sich der Rollstuhlfahrer sicher fühlt. Deshalb verfügen die meisten Rollstühle über eine umfangreiche Sicherheitsausstattung:

  • Feststellbremsen, die sich in den meisten Fällen an den Reifen befinden, damit Sie sie selbst leicht anziehen können.
  • Bremsen am Schiebegriff, damit eine Begleitperson beim Schieben bremsen kann.
  • Ankippbügel und Sicherheitsgurte geben dem Fahrer einen festen Halt, wenn Hindernisse überwunden werden müssen.
  • Hintere Sicherheitsräder, auch Kippschutz genannt, sollen ein Umkippen nach Hinten verhindern.

Verstellmöglichkeiten

Nur wenn der Rollstuhl perfekt an die Anatomie des Nutzers angepasst ist, kann er ergonomisch vorteilhaftes Sitzen und größtmöglichen Komfort sowie Sicherheit bieten - vor allem, wenn der Nutzer täglich mehrere Stunden im Rollstuhl verbringt. Die Sitzbreite des Rollstuhls ist dabei ein grundlegendes Maß. Es ist auch wichtig, ein Rollstuhlmodell mit vielen Verstellmöglichkeiten zu wählen, damit Sie jederzeit eine bequeme Sitzposition finden können. Zu den gängigsten Verstellmöglichkeiten gehören eine verstellbare Rückenlehne, eine höhen- und tiefenverstellbare Sitzfläche sowie in der Länge und im Winkel verstellbare Fußstützen, die zur Seite geschwenkt werden können, um das Ein- und Aussteigen zu erleichtern. Je nach Ausstattung können weitere Optionen wie eine verstellbare Kopfstütze oder verstellbare Armlehnen vorhanden sein.

Faltbarkeit

Wenn Sie einen Rollstuhl kaufen möchten, sollten Sie sich vorher überlegen, wie Sie ihn verstauen möchten. Ein Faltrollstuhl eignet sich besonders gut, da er sehr platzsparend verstaut werden kann. Dies ist besonders in kleinen Wohnungen von Vorteil. Der Faltrollstuhl ist somit ein praktischer Begleiter im Alltag, der schnell zusammengeklappt und verstaut ist, aber ebenso schnell - mit wenigen Handgriffen - wiederaufgebaut werden kann, wenn er benötigt wird.



Welche Rollstuhl-Typen gibt es?

Je nach Ihren Bedürfnissen ist das eine oder andere Modell das richtige für Sie. Folgende Unterscheidungen werden in der Regel von den Kranken- und Pflegekassen getroffen:

  • Standardrollstuhl: Ein Standardrollstuhl kann als Selbstfahrermodell eingesetzt werden und hat meist nur eine Grundausstattung, ist also eher für den temporären Einsatz gedacht (z.B. als Schieberollstuhl in Kliniken). Der Standrollstuhl ist relativ stabil, langlebig und preiswert. Allerdings ist er auch schwer und es gibt kaum Möglichkeiten der Zusatzausstattung. Er wird von den Pflegekassen am häufigsten bewilligt.
  • Leichtgewichtsrollstuhl: Wenn Sie ein leichteres Modell benötigen, ist der Leichtgewichtrollstuhl genau das Richtige für Sie. Er ähnelt dem Standardrollstuhl und wiegt maximal 15 kg. Der Leichtgewichtrollstuhl eignet sich nicht nur durch sein geringes Gewicht hervorragend für den Transport, sondern auch durch seine abnehmbaren Räder. Meist ist eine individuellere Ausstattung möglich, weshalb das Modell auch teurer ausfällt. Ein Leichtgewichtrollstuhl ist außerdem sehr wendig und belastbar, was wiederum höhere Anforderungen an den Fahrer stellt, da diese Wendigkeit nicht so leicht zu kontrollieren ist.
  • Multifunktionsrollstuhl: Dieses Rollstuhlmodell bietet verschiedene Sitz- und Rückenpolster sowie Verstellmöglichkeiten für Rückenlehne und Sitz. Dieser Rollstuhl ist vor allem für Personen geeignet, die ständig im Rollstuhl sitzen müssen und aus eigener Kraft keine aufrechte Körperhaltung einnehmen können. Die meisten dieser Modelle können nicht allein bedient werden, sind zum Schieben bestimmt und haben ein relativ hohes Gewicht. Sie werden meist bei schwerstmehrfachbehinderten Menschen zur Erleichterung der Lagerung eingesetzt, weshalb sie auch als Pflegerollstühle bezeichnet werden. Es gibt zahlreiche Ausstattungs- und Verstellmöglichkeiten, er ist jedoch besonders schwer und unhandlich.
  • Aktivrollstuhl: Rollwiderstand und Gewicht sind bei diesem Modell so weit reduziert, dass eine selbstständige Fortbewegung leicht möglich ist, weshalb dieser Rollstuhltyp häufig im Behindertensport eingesetzt wird. Viele Anpassungen und Zusatzausstattungen sind möglich. Eine weitere Besonderheit ist der Verzicht auf Griffe. Aktivrollstühle fördern die Selbständigkeit von fitten Fahrern und sollten unbedingt bei einem erfahrenen Hilfsmittelhersteller erworben und ausreichend getestet werden.

Es gibt noch eine Reihe weiterer Bezeichnungen und Modelle, die sich aber im Wesentlichen in diese Kategorien einordnen lassen. Eine Ausnahme bildet der Elektrorollstuhl, der über einen elektrischen Antrieb, Bremsen und Beleuchtung verfügt und auch als Fortbewegungsmittel im Straßenverkehr eingesetzt werden kann. Bis zu einer Geschwindigkeit von 6 km/h ist die Benutzung eines solchen Krankenfahrstuhls auch ohne Führerschein erlaubt, allerdings muss man sich an die geltende Straßenverkehrsordnung halten und darf nur Schrittgeschwindigkeit fahren, auch wenn man ein Modell mit einer höheren Geschwindigkeitsstufe besitzt.

Rollstuhl-Typen nach Art des Fahrens

Rollstuhl-Modelle können auch nach Art des Fahrens unterschieden werden:

  • Greifrollstuhl: Ein Greifrollstuhl ist ein Rollstuhl, der mit den Händen angetrieben wird. Er hat in der Regel keine Fußstützen und ist für Personen geeignet, die ihre Arme und Hände gut einsetzen können.
  • Handhebelrollstuhl: Ein Handhebelrollstuhl ist ein Rollstuhl, der über Handhebel angetrieben wird. Diese befinden sich an den Seiten des Rollstuhls und werden durch Vor- und Rückwärtsbewegungen betätigt. Ein solcher Rollstuhl ist für Personen geeignet, die ihre Beine nicht oder nur eingeschränkt benutzen können.
  • Schieberollstuhl: Ein Schieberollstuhl wird von einer hinter dem Rollstuhl stehenden Person geschoben. Er ist für Personen geeignet, die den Rollstuhl nicht selbst fahren oder lenken können.
  • Trippelrollstuhl: Ein Trippelrollstuhl wird mit den Beinen oder Füßen angetrieben. Er hat keine Fußstützen und ist für Personen geeignet, die ihre Beine und Füße gut gebrauchen können, aber ihre Arme und Hände nicht oder nur eingeschränkt einsetzen können.

Welche Extras gibt es?

Es gibt verschiedene Extras, die Sie auf eigene Kosten für Ihren Rollstuhl erhalten können. Dazu gehören zum Beispiel Steckachsen, die das Abnehmen der Hinterräder und damit den Transport des Rollstuhls im Auto erleichtern. Ein Sitzkissen (z.B. mit Geleinlage) kann den Komfort im Rollstuhl erhöhen und Druckgeschwüren vorbeugen. Eine Bremse und ein Kippschutz können sinnvoll sein, wenn man mit dem Rollstuhl viel im Freien unterwegs ist.


Erfahren Sie mehr über die Pflegeleistungen:


Welche Kosten können auf mich zukommen?

Die Krankenkasse stellt Ihnen einen Rollstuhl zur Verfügung, wenn Sie eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, in der die Notwendigkeit eines solchen Hilfsmittels medizinisch begründet wird. Es besteht jedoch kein Anspruch auf einen neuen Rollstuhl. Darüber hinaus müssen alle gewünschten Zusatzausstattungen, die nicht medizinisch notwendig sind, selbst bezahlt werden. Der gesetzliche Eigenanteil beträgt zwischen fünf und zehn Euro, also die Rezeptgebühren. Notwendige Reparaturen werden von der Krankenkasse übernommen, sofern der Rollstuhl ordnungsgemäß genutzt, aufbewahrt und gepflegt wurde.

Wenn Sie sich entscheiden selbst einen Rollstuhl zu kaufen, sollte Ihnen klar sein, dass je nach Modell sehr unterschiedliche Kosten auf Sie zukommen und nach oben sind natürlich keine Grenzen gesetzt. Ein Elektrorollstuhl kann beispielsweise bis zu 10.000 Euro kosten:

Standardrollstuhl ab 270 €
Leichtgewichtrollstuhl ab 290 €
Multifunktionsrollstuhl ab 895 €
Aktivrollstuhl 500 bis 3.000 €

Was ist noch zu beachten?

Wenn Sie einen Rollstuhl kaufen, sollten Sie ihn vorher ausprobieren. Setzen Sie sich hinein, fahren Sie vorwärts und rückwärts und prüfen Sie, ob die Bremsen beim Aufstehen richtig halten. Gute Hilfsmittelberater zeigen Ihnen in der Regel, worauf Sie achten müssen und nehmen sich Zeit für Erklärungen. Wenn Sie sich im Umgang mit dem Rollstuhl noch unsicher fühlen, besuchen Sie einen Rollstuhlkurs. Diese werden von Wohlfahrtsverbänden und einigen Kliniken angeboten. In diesen Kursen lernen Sie auch, wie Sie sich in bestimmten Situationen im Straßenverkehr fortbewegen können.

Einen manuellen Rollstuhl können Sie etwa alle fünf Jahre neu beantragen. Bei einem Elektrorollstuhl ist dies etwa alle zehn Jahre der Fall. Ausnahmen sind nur möglich, wenn der Rollstuhl irreparabel defekt ist oder die Erkrankung fortschreitet und deshalb ein anderer Rollstuhltyp benötigt wird. Wenn Sie wegen einer Reparatur oder eines Urlaubs einen (anderen) Rollstuhl benötigen, können Sie sich für diese Zeit auch einen Rollstuhl leihen oder mieten.

Wenn Sie Ihren Rollstuhl auch zu Hause häufig benutzen, sollten Sie Ihre Wohnung möglichst barrierefrei gestalten. Rampen, bodengleiche Duschen und breite Türen sind wichtig. Wenn Sie einen Pfleggrad haben, können Sie für die Wohnraumanpassung bis zu 4.000 Euro Zuschuss von der Pflegekasse erhalten.

Zuletzt geändert am 15.02.2024

QUELLEN
  1. Mobilität schwerbehinderter Menschen mit Bewegungseinschränkungen, https://www.bundestag.de/resource/blob/848382/d664acbc4b66855c485158f616b3c6d4/WD-5-043-21-WD-6-040-21-pdf-data.pdf (besucht am 05.09.2023)
  2. GKV-Hilfsmittelverzeichnis: Produktgruppe 18 – Kranken-/Behindertenfahrzeuge, https://hilfsmittel.gkv-spitzenverband.de/home/verzeichnis/97ae20d2-e9dc-490b-996f-8a804dfeaca9 (besucht am 05.09.2023)

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